Die überarbeiteten Europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS)

Was Sie über den aktuellen Entwurf zur Überarbeitung wissen müssen und wie Sie darauf reagieren sollten

7 August 2025

berge

Was ist passiert? 

Die von der Europäischen Kommission mit der Ausarbeitung technischer Standards für die Berichterstattung gemäß der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) beauftragte Stelle,  die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) hat am 31. Juli 2025 einen mit Spannung erwarteten Entwurf der überarbeiteten Europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS) veröffentlicht. Dies folgte auf die Veröffentlichung ihres diesbezüglichen Fortschrittsberichts im Juni 2025. Eine öffentliche Konsultation zum neuen Entwurf der Standards läuft bis zum 29. September 2025. 

Das übergeordnete Ziel besteht darin, die Standards zu vereinfachen, ihre Komplexität zu verringern und ihre Anwendbarkeit zu verbessern. Anthesis ist der Ansicht, dass der Entwurf bedeutende Fortschritte in Richtung dieser Ziele erzielt hat. 

Was kommt als Nächstes? 

Der Entwurf der Standards steht nun zur öffentlichen Konsultation bereit. Daraufhin wird die EFRAG im September und Oktober dieses Jahres Informationsveranstaltungen organisieren, um weiteres Feedback der Stakeholder einzuholen. 

Nach Abschluss der Konsultation am 29. September 2025 wird die EFRAG die Beiträge in ihre technische Stellungnahme an die Europäische Kommission einfließen lassen, welche bis zum 30. November 2025 vorliegen soll. Auch wenn sich die Standards noch verändern können, gibt der aktuelle Entwurf einen klaren Hinweis auf die Richtung, die die EFRAG einschlagen wird. 

Wie fügt sich das in die aktuellen Änderungen der CSRD ein (Omnibus)? 

Die Überarbeitung der ESRS ist Teil des umfassenderen EU-Omnibus-Vereinfachungspakets, das im Februar 2025 vorgestellt wurde. Unter anderem beinhaltete dieses Paket auch eine Verpflichtung zur Überarbeitung der Standards. 

Während die „Stop-the-Clock“-Änderung die Berichtsfristen für viele Unternehmen verschoben hat, sind andere regulatorische Komponenten, darunter der Anwendungsbereich und die Offenlegungspflichten, weiterhin im Entwurfsstadium. Der jüngste Vorschlag des EU-Rates (21. Juni 2025) unterstützt die Bemühungen der EFRAG zur Verschlankung der ESRS. 

Die wichtigsten Merkmale der ESRS 

Die ESRS sind eine Reihe von Berichtsstandards, die zur Erfüllung der Anforderungen der CSRD verwendet werden. Während die CSRD die Berichtsanforderungen und -pflichten festlegt, bieten die ESRS den Rahmen und die Methodik für die Berichterstattung. 

Die ESRS bestehen aus zwei übergreifenden Standards (ESRS 1 und ESRS 2) und zehn themenspezifischen Standards. Die themenspezifischen Standards sind in die Kategorien Umwelt (ESRS E1-E5), Soziales (ESRS S1-S4) und Governance (G1) unterteilt und sind nur dann verbindlich, wenn sie für die Organisation wesentlich sind. Die Wesentlichkeit wird durch eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse ermittelt, welche sowohl die Auswirkungen der Organisation auf Mensch und Umwelt als auch die wesentlichen finanziellen Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf die Organisation betrachtet. 

Die wichtigsten vorgeschlagenen Änderungen 

Auf der Grundlage der Einbeziehung von verschiedenen Stakeholdern, darunter über 800 Rückmeldungen auf eine Umfrage, hat die EFRAG Folgendes beschlossen:

  • Reduzierung der obligatorischen Datenpunkte (die bei Wesentlichkeit anzugeben sind) um 57 %
  • Reduzierung des vollständigen Satzes obligatorischer und freiwilliger Datenpunkte um 68 % von 1.100 auf 350
  • die Gesamtlänge der Standards wird um über 55 % verkürzt

Allerdings ist zu beachten, die Vereinfachung der ESRS und die Reduzierung der Datenpunkte machen ein robustes Datenmanagement und klare Verantwortlichkeiten nicht überflüssig. Beides ist von Nöten, um ESG-Daten langfristig und zuverlässig zu erfassen und zu steuern.

  • Unternehmen dürfen eine Zusammenfassung in den Bericht einfügen
  • Detaillierte Angaben zu Offenlegungspflichten können zur besseren Lesbarkeit in Anhänge verschoben werden
  • Richtlinien, Maßnahmen und Ziele werden in einem zentralen Abschnitt zusammengefasst, wodurch sich wiederholende Informationen entfallen
  • Die obligatorisch zu machenden Angaben werden auf wesentliche Themen beschränkt. Weiterhin wird mehr Flexibilität bei Informationen zu nicht wesentlichen Themen gewährt. Ebenso ist eine klarere Unterscheidung zwischen verbindlichen und freiwilligen Anforderungen vorgesehen
  • Bessere Abstimmung mit anderen Standards, wobei die Abstimmung mit den Standards S1 und S2 der International Financial Reporting Standards (IFRS), des International Sustainability Standards Board (ISSB) Vorrang hat.

Zu den wichtigsten Aktualisierungen im Bereich der doppelten Wesentlichkeit gehören:

  • Die doppelte Wesentlichkeitsprüfung bleibt für die ESRS von zentraler Bedeutung und sollte mit einer Analyse des Geschäftsmodells beginnen, um wesentliche Themen zu identifizieren
  • Unternehmen können einen Top-down-Ansatz (ausgehend von offensichtlich wesentlichen und nicht wesentlichen Themen auf der Grundlage von vorhandenem Wissen) oder einen Bottom-up-Ansatz (Bewertung aller Themen auf ihre Relevanz) für die Wesentlichkeit oder eine Kombination aus beiden Ansätzen wählen
  • IROs (Impacts, Risks, and Opportunities) sollten vor Maßnahmen zur Risikominderung bewertet werden. Auf der anderen Seite sollen verbleibende Restrisiken gesondert auszuweisen und Restrisiken vermerkt werden
  • Zusätzliche praktische Ansätze zur Reduzierung der Komplexität des Prozesses wurden hinzugefügt. Beispielsweise müssen Unternehmen möglicherweise nicht jedes Merkmal des Schweregrads (severity) analysieren
  • Es wurden Hinweise zur Priorisierung der Wesentlichkeit für die sozialen Themen hinzugefügt. Der Fokus liegt nun auf der Bewertung der sozialen Auswirkungen in Schwerpunkt -regionen, -geschäftsbereichen oder -unterthemen
  • Neue Flexibilität für den Querverweis auf den Jahresabschluss bei der Berichterstattung über finanzielle Daten oder andere quantitative Informationen
  • Neue Details zur Offenlegung der erwarteten finanziellen Auswirkungen („anticipated financial effects“ – Reporting ist jedoch weiterhin erforderlich)

Zu den wichtigsten Aktualisierungen der übergreifenden Standards gehören:

  • Verschlankung der Angaben zur Unternehmensführung (Governance)
  • Trennung von SBM-3 (Wie Nachhaltigkeitsthemen, inklusive der IROs, die Strategie und das Geschäftsmodell des Unternehmens beinflussen) und IRO-2 (Prozesse zur Identifizierung und Bewertung der wesentlichen IROs)
  • Klarere Anwendungshinweise zum Umgang mit Aggregation von IROs auf einer höheren Ebene und standortspezifischen Umweltauswirkungen
  • Beschreibungen von IROs können zusammen mit Angaben zu entsprechenden Richtlinien, Zielen und Maßnahmen dargestellt werden
  • Klärung der Rolle der allgemeinen Offenlegungspflichten (General Disclosure Requirements, früher Minimum Disclosure Requirements) in Bezug auf Richtlinien, Maßnahmen, Ziele und Kennzahlen

Es wurden erhebliche Vereinfachungen der Themenstandards vorgeschlagen, wobei der Schwerpunkt auf der Beseitigung von Doppelungen, der Reduzierung von Datenpunkten und der Aggregation auf der Ebene der übergreifenden Standards (ESRS 1, ESRS 2) liegt.

Zu den wichtigsten Änderungen gehören:

  • Datenpunkte zu Richtlinien, Maßnahmen und Zielen wurden entfernt
  • Die Berichterstattung auf Standortebene ist für Umwelt oder soziale KPIs nicht mehr erforderlich
  • Neue Ausnahmeregelungen für:
  • Wirtschaftlich sensible Daten
  • Konsolidierung der Berichtsgrenzen (z. B. für die Treibhausgasbilanz)
  • Zulassung der Verwendung von Schätzungen oder Ersatzdaten
  • Weglassen von Daten, wenn deren Erhebung „unverhältnismäßige Kosten oder Aufwand“ verursachen würde, soll erlaubt werden

Umwelt (E1-E5)

  • Reduzierung der Datenpunkte um 60–80%
  • Datenpunkte und Anwendungshinweise zur Ermittlung lokaler Auswirkungen in Bezug auf Umweltverschmutzung, Wasserressourcen und Biodiversität sowie Ökosysteme wurden entfernt. Diese Auswirkungen stehen in der Regel in Zusammenhang mit einzelnen Standorten
  • ESRS E1 – Klimawandel:
  • Verstärkte Fokussierung auf absolute Treibhausgasreduktionsziele, Konsistenz mit den Systemgrenzen des Inventars und die Ausrichtung der Ziele auf die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C
  • Die Angaben zum Klimaübergangsplan sind nun fokussierter, mit klareren Hinweisen zu Pflichtangaben und einem konsolidierten Format. Es sollen nur die wichtigsten Merkmale des Plans hervorgehoben werden
  • Unternehmen müssen weiterhin darauf hinweisen, wenn kein Plan vorliegt. Es wurde ein neuer Datenpunkt zu Abhängigkeiten (einschließlich sogenannter „locked-in“-Emissionen) hinzugefügt, um sich an IFRS S2 anzupassen
  • Szenarioanalysen sind nicht für alle Unternehmen verpflichtend, falls diese jedoch gemacht wurden, muss die Berichterstattung nun klarer definierten methodischen Anforderungen entsprechen
  • Die wesentlichen Elemente der Identifizierung und Bewertung von Klimarisiken sind nun zur besseren Übersichtlichkeit in einem einzigen Datenpunkt zusammengefasst
  • ESRS E2 – Umweltverschmutzung: Stärkere Fokussierung und Anwendungshinweise zu den Offenlegungspflichten für Mikroplastik
  • ESRS E3 – Wasser und Meeresressourcen: Verpflichtende Angaben zu Meeresressourcen wurden entfernt
  • ESRS E4 – Biodiversität und Ökosysteme:
  • 78 % kürzer mit Schwerpunkt auf der Offenlegung eines Übergangsplans
  • Biodiversitätsausgleichsmaßnahmen müssen offengelegt werden, jedoch nur auf hoher Ebene
  • ESRS E5 – Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft:
  • Fokussierung der Offenlegungspflichten auf Schlüsselprodukte in Bezug auf Langlebigkeit, Reparaturfähigkeit und Recyclingquoten
  • Ein Messwert für den „Prozentsatz kritischer/strategischer Rohstoffe” wurde hinzugefügt
  • Nur wesentliche gefährliche Abfallströme müssen vollständig offengelegt werden
  • Eine neue Kennzahl zum prozentualen Anteil oder Gewicht der Abfälle, deren endgültige Behandlung oder Bestimmung unbekannt ist, wurde hinzugefügt (vorausgesetzt, dass das Thema wesentlich ist)

Soziales (S1-S4)

  • Reduzierung der Datenpunkte um 53–64%
  • 8 Datenpunkte aus den 4 Standards zu Menschenrechten wurden unter „human rights policy“ unter ESRS 2 General Disclosures zusammengefasst, in Übereinstimmung mit IFRS S1/S2
  • Die meisten optionalen Optionen wurden entfernt. Narrativangaben oder quantitative Offenlegungen sind nur noch erforderlich, wenn dies zwingend vorgeschrieben ist
  • ESRS S1 – eigene Belegschaft: Die Daten-Tabellen für Diversität, Gesundheit und Sicherheit, Beschwerden, Arbeitnehmerbeteiligung und Indikatoren für die Gemeinschaft wurden aus Gründen der Übersichtlichkeit entweder gekürzt oder zusammengefasst
  • ESRS S4 – Verbraucher und Endnutzer:
  • Der Fokus wurde auf wesentliche Verbraucher-/Sicherheitsthemen beschränkt
  • Marketing- und produktbezogene Datenpunkte sind nun weitgehend optional oder wurden entfernt
  • Sensible Daten können zusammengefasst werden

Governance (G1)

  • Reduzierung der Datenpunkte um 50%
  • Angleichung der Strukturen des Abschnitts „Richtlinien, Maßnahmen und Ziele” in G1 an den Rest der ESRS

Die EFRAG hat neben der öffentlichen Konsultation mehrere hilfreiche Dokumente veröffentlicht, darunter detaillierte Gegenüberstellungen der gültigen Versionen mit den vorgeschlagenen Änderungen jedes Standards.  

Was sollten Sie jetzt tun?  

Dieser Entwurf kann zwar noch geändert werden, aber die Richtung ist vorgegeben, und die Vereinfachung der ESRS wird kommen. 

Für Organisationen, die in das zweite Jahr der CSRD-Berichterstattung eintreten 
Auch wenn Sie in Ihrem nächsten Bericht möglicherweise nur begrenzt auf die vorgeschlagene Vereinfachung reagieren können, können Sie sich an deren Zielsetzung ausrichten. Konzentrieren Sie sich auf die Entwicklung von Strategien zum Management Ihrer IROs und berichten Sie darüber, inwiefern diese mit den von Ihnen ergriffenen Maßnahmen, den verwendeten Kennzahlen und KPIs sowie Ihrer Leistung im Einklang stehen. 

Für Unternehmen, die unter die zweijährige Verzögerung fallen 
Es bleibt Ihnen zwar noch Zeit für Vorbereitungen, aber bis zum Stichtag gibt es noch viel zu tun. Falls Sie dies noch nicht getan haben, beginnen Sie jetzt mit Ihrer doppelten Wesentlichkeitsanalyse und orientieren Sie sich dabei am überarbeiteten Entwurf der ESRS. So haben Sie Zeit, Daten zu sammeln, Lücken zu schließen und eine integrierte Nachhaltigkeitsstrategie vor Ablauf der Frist im Geschäftsjahr 2027 zu entwickeln. 

Organisationen, die ihre doppelte Materialitätsanalyse bereits abgeschlossen haben  

Beginnen Sie mit der Vorbereitung einer Lückenanalyse, die sich auf mindestens drei Kern-ESRS konzentriert: E1 (Klima), S1 (Eigene Belegschaft) und G1 (Geschäftspraktiken). Die Analyse der Berichte von Unternehmen der ersten Welle zeigt, dass alle über diese drei Standards berichtet haben, was sie zu einem logischen und risikoarmen Ausgangspunkt machen. Durch die Konzentration auf die verpflichtenden quantitativen Angaben innerhalb dieser ESRS können Unternehmen Zeit gewinnen, den Schwung aufrechterhalten und einen übermäßigen Aufwand für die Berichterstattung in der Anfangsphase vermeiden. Sie können diesen Ansatz auch auf andere eindeutig wesentliche Themen ausweiten und dabei dieselbe fokussierte Methodik anwenden. 

Obwohl die Frist für die Berichterstattung verschoben wurde, können Sie diese gewonnene Zeit für kontinuierliche Verbesserungen nutzen, um dann im Jahr 2028 ausgereifte und robuste Angaben zu machen. Mit einer realistischen Roadmap und einem klaren Konsens in der Unternehmensleitung sind Sie in einer besseren Position, um die erforderlichen Budgets und Ressource zu sichern. Insbesondere da Nachhaltigkeits- und ESG-Manager dies nicht allein bewältigen können. 

Wie kann Anthesis Ihnen behilflich sein? 

Bei Anthesis helfen wir unseren Kunden, über die reine Compliance hinauszugehen und den vollen Wert der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erschließen. 

Unser Ansatz sorgt dafür, dass Ihre CSRD-Offenlegungen 

  • Ihre individuellen Risiken und Chancen widerspiegeln 
  • für Entscheidungen Ihrer internen und externen Stakeholder nützlich sind 
  • die Governance und Performance Ihres Unternehmens unterstützen und langfristig positive Veränderungen anstoßen 

Mit über 1.400 Nachhaltigkeitsexperten in den Bereichen Klima, Menschenrechte, Lieferkette, Finanzen und darüber hinaus bringen wir fundiertes technisches Know-how, regulatorische Kenntnisse und eine bewährte Fähigkeit zur Umsetzung von positiven Veränderungen mit. 

Ganz gleich, ob Sie gerade erst mit CSRD beginnen oder Ihren zweiten Bericht vorbereiten – wir helfen Ihnen, die Lücke zwischen Wesentlichkeit und Maßnahmen zu schließen. 

Als globaler Vorreiter im Bereich Nachhaltigkeit verfolgen wir einen zielgerichteten Ansatz, der durch digitale Technologien unterstützt und wissenschaftlich fundiert ist. Wir freuen uns stets über Anfragen und Partnerschaften, um gemeinsam positive Veränderungen voranzutreiben.